Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy
ist über 31 Videos und Fotosets gestürzt: Sie zeigen nackte Jungen
zwischen neun und dreizehn Jahren – Material an der Grenze zur
Kinderpornographie. Doch Edathy ist nur das prominente Gesicht dieses
Falls. Weitere 800 Kunden aus Deutschland haben laut der
Staatsanwaltschaft Hannover auf der kanadischen Seite bestellt, auf der
US-Ermittler durchaus auch Videos mit eindeutig kinderpornographischen
Inhalten fanden.
Auch wenn die Details schwer zu ertragen sind: Die meisten Menschen, die
sich Videos und Bilder nackter Jungen und Mädchen anschauen, sind keine
Monster, sondern krank. Rund ein Prozent der Männer in Deutschland,
also etwa 250.000 Personen, sind Schätzungen zufolge pädophil. Das
heißt, sie empfinden das kindliche Körperschema als sexuell erregend.
Die Betroffenen suchen sich das nicht aus.
Pädophilie ist eine Störung,
die sich bereits im Jugendalter entwickelt. Das Problem: Sie ist nicht
heilbar. "Die sexuelle Präferenz lässt sich nach Abschluss der Pubertät
nicht mehr ändern", erklärte der Sexualmediziner Klaus M. Beier von der
Berliner Charité in einem Interview mit dem Ärzteblatt. Die Betroffenen
müssen lernen, ihre Triebe zu kontrollieren.
Einigen gelingt das auch: Nicht alle Pädophilen missbrauchen Kinder
und nicht jeder, der Kinder missbraucht, ist pädophil. Etwa 60 Prozent
der Missbrauchsfälle sind Ersatzhandlungen von Tätern, die gar nicht auf
Kinder stehen, sondern zum Beispiel unter Persönlichkeitsstörungen
leiden. Nichtsdestotrotz werden Kinder auch zu Opfern, wenn sie für
Nacktaufnahmen oder Fotos in aufreizenden Posen herhalten müssen, die
dann ohne ihr Wissen oder gegen ihren Willen im Netz verkauft oder
getauscht werden. Viele Pädophile versuchen so, ihre Lust auszuleben.
Nachfrage nach Kinderpornographie steigt
Die Zahl der Fälle von Besitz oder Verbreitung kinderpornographischer
Inhalte steigt hierzulande seit Jahren an. Laut Christian Hoppe, Leiter
der Zentralstelle Kinderpornographie beim Bundeskriminalamt (BKA), lag
sie 2012 bei rund 6.000 Fällen, im Jahr 2000 waren es noch 2.500
gewesen. Die Dunkelziffer dürfte noch weit darüber liegen. "Mehr
Personal würde auch zu mehr Fallzahlen führen", sagt Hoppe. "Je mehr
unsere
Ermittler aktiv im Internet suchen, desto mehr werden sie finden."
Wie viele Leute derzeit im Bereich Kinderpornographie ermitteln, darf
er nicht sagen. Das BKA geht zum einen Hinweisen von Bürgern und von
Kollegen aus anderen Ländern nach. Zum anderen hat es eine eigene
Rechercheeinheit, die anlassunabhängig ermittelt, wer Kinderpornographie
vertreibt. Das Angebot ist jedoch riesig – die Nachfrage offenbar auch:
Die Internet Watch Foundation geht von 300.000 bis 450.000
täglichen Zugriffen auf Websites
mit Missbrauchsabbildungen aus. Der Nachschub scheint nie auszugehen,
die Arbeit der Ermittler wirkt oft wie ein Tropfen auf den heißen Stein.
Therapie von Pädophilie möglich
Um die Opfer wirkungsvoll zu schützen, setzen Sexualmediziner darum
hierzulande bei den potenziellen Tätern an. Denn auch wenn Pädophilie
nicht heilbar ist, therapieren kann man sie. An der Berliner Charité
wurde 2004 das "Präventionsprojekt Dunkelfeld" ins Leben gerufen. Die
Betroffenen sollen hier lernen, ihr Verhalten dauerhaft zu
kontrollieren. "Das Behandlungsziel besteht darin, dass aus den
pädophilen Impulsen, die dem Betroffenen nicht vorgeworfen werden
können, keine Taten werden, die ihm vorgeworfen werden müssen", sagt
Klaus M. Beier, der das Projekt leitet.
Bei der Therapie werden unter anderem psychotherapeutische und
sexualwissenschaftliche Ansätze angewendet, teilweise auch Medikamente,
welche die sexuellen Triebe dämpfen. Das Projekt wird gut angenommen,
mittlerweile gibt es auch in sechs weiteren Bundesländern Anlaufstellen,
die zusammen das Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden" bilden.
Insgesamt haben sich hier bis Oktober 2013 mehr als 3200 Hilfesuchende
gemeldet, in Berlin haben bereits 92 Männer die Therapie abgeschlossen.
Eine
vollständige Garantie für den Erfolg der Therapie gibt es nicht. Aber
sie ist ein erster Schritt. Denn zwar ist niemand Schuld an seiner
sexuellen Neigung. An seinem Verhalten aber schon.
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http://www.gmx.net/themen/nachrichten/deutschland/sebastian-edathy/58b3cl6-sebastian-edathy-kinderpornographie-paedophilie-deutschland#.A1000146
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